Zu der Analyse politischer Risiken gehört immer eine aktuelle Momentaufnahme: Wie ist die aktuelle Lage, gibt es politische Gewalt und wenn ja, wie stark ist diese? Dies ist jedoch nur ein erster Schritt, um die politischen Risiken einer Region kennenzulernen und später auch selbst ihre Auswirkungen auf die eigene Produktion, die Lieferkette oder die Reputation des Unternehmens analysieren zu können.
Eine der vielen weiteren Maßnahmen besteht darin, sich mit der Konflikthistorie der entsprechenden Region – und des Landes – zu beschäftigen. Ist die politische Gewalt, die im letzten Monat beobachtet werden konnte (siehe erster Schritt), eine Ausnahmesituation für die Region oder doch eher typisch? Um dies zu überprüfen, bietet die Konfliktdatenbank CONIAS verschiedene Möglichkeiten an, die Konfliktvergangenheit der Region darzustellen und zu analysieren.
Die Abbildung zeigt eine Auswertung für die letzten zwölf Monate: Je mehr Monate im letzten Jahr von gewaltsamen Konflikten geprägt waren, desto tiefer ist der Blauton. Viel Gewalt innerhalb der letzten zwölf Monate deutet darauf hin, dass die Region aktuell lediglich über eine schwache Resilienz verfügt. Das bedeutet, dass dort nicht oder nur begrenzt die politische Fähigkeit vorhanden ist, den Impuls von politischer Gewalt in friedliche Bahnen zu lenken. In diesem Fall könnten beispielsweise Reisen von Betriebsangehörigen ein nicht gewünschtes Risiko darstellen. Außerdem könnten häufige Gewaltausbrüche ein Zeichen sein, dass die Transportinfrastruktur – entweder durch die Anschläge selbst oder durch nachfolgende Maßnahmen wie stauverursachende Straßenkontrollen – nicht mehr allumfassend zur Verfügung steht. Eine Überprüfung des historischen Umfelds kann aber auch zu dem Ergebnis führen, dass trotz aktuell gravierender Ereignisse kein weiteres Risiko in der Zukunft zu befürchten ist.
Ein Beispiel zur Verdeutlichung: Im Jahre 2017 fand in Hamburg am 7. und 8. Juli der G20-Gipfel statt, ein Treffen der Führer*innen und Repräsentant*innen der 20 wichtigsten Industrieländer der Welt. Aus diesem Anlass und in diesem Rahmen kam es zu gewaltsamen Protesten mit mehreren hunderten Verletzten, zerstörten Läden und einer Vielzahl abgebrannter Autos[1]. Fernsehsender auf der ganzen Welt strahlten Bilder aus, die den Eindruck von einer Stadt nahe am Bürgerkrieg vermittelten. Tatsächlich aber blieb die politische Gewalt in Hamburg in diesem Jahr im Wesentlichen auf die Zeit des G20-Gipfels beschränkt. Hier war also die eskalierende Gewalt die Ausnahme, nicht die Regel.
Wenn Sie mehr über die Analyse politischer Risiken erfahren möchten, kontaktieren Sie uns oder melden Sie sich für unsere MBI CONIAS Academy für politische Risiken an.
Ein zwölfmonatiger Rückblick ist nicht immer ausreichend, um die Gewaltanfälligkeit einer Region zu bestimmen. CONIAS Analysen zeigen, dass auch die Gewalt aus weiter zurückliegenden Monaten zurückkehren kann, weshalb auf Wunsch auch die Werte aus fernerer Vergangenheit bezogen werden können. Ein Beispiel ist unser Indikator MonthViolent60, der die Anzahl der gewaltsamen Monate der vergangenen fünf Jahre ausweist, getrennt aufgelistet für jedes Jahr.
Über den Autor:
Dr. Nicolas Schwank
CONIAS Risk Intelligence
Michael Bauer International GmbH
Quellenangaben:
[1] Vgl. https://www.spiegel.de/politik/deutschland/g20-gipfel-in-hamburg-wer-ist-schuld-an-der-gewalt-a-1158698.html; https://www.eurotopics.net/en/182233/g20-summit-overshadowed-by-violence; https://www.theguardian.com/world/2017/jul/08/hamburg-counts-cost-two-nights-of-violence-looting-destruction