Der Grenzkonflikt zwischen Kambodscha und Thailand besteht mittlerweile seit Mitte des 19. Jahrhunderts und führt seitdem immer wieder zu Territorialstreitigkeiten mit vereinzeltem Einsatz von Waffengewalt. Die beiden Hauptakteure in diesem Konflikt, Kambodscha und Thailand, streiten sich um die nationale Zugehörigkeit des Gebiets rund um den Prasat Preah Vihear Tempel, ein aufgegebener hinduistischer Tempel der Khmer aus dem 10. bis 12. Jahrhundert. Gelegen an der nördlichen Grenze Kambodschas im Dongrek Gebirge 140 Kilometer von Angkor Watt entfernt, zählt dieser Tempel zu den beeindruckendsten und bedeutendsten religiösen Stätten dieser Region.
Der historische Hintergrund
Die ersten Streitigkeiten über die Zugehörigkeit des Prasat Preah Vihear sind auf den Siamesisch-Vietnamesischen Krieg in den Jahren 1833 – 1846 zurückzuführen[1]. Bis dahin gehörte der von den Khmer erbaute Tempel unumstritten zu Siam, dem heutigen Staat Thailand. Im Anschluss an den Krieg unterzeichneten beide Parteien einen Friedensvertrag, in welchem Siam unter anderem dazu gezwungen wurde, die Souveränität der Grenzregion um den Tempel an Kambodscha abzutreten[2]. Die Landesgrenzen blieben hiervon jedoch unberührt und es wurde lediglich eine Suzeränität, also eine begrenzte souveräne Oberhoheit über ein Gebiet, gegenüber Kambodscha eingeräumt. Bei Kartenzeichnungen der Region eines französischen Militärs im Jahr 1907 wurde der Tempel wiederrum auf die kambodschanische Seite des Grenzverlaufs gezeichnet. Dies wurde von der siamesischen Regierung jedoch erst in den 1930er Jahren entdeckt, weswegen erneut Territorialstreitigkeiten ausbrachen[3]. Im Verlauf des 20. Jahrhunderts kam es aufgrund des Prasat Preah Vihear Tempels immer wieder zu kleineren Grenzkonflikten zwischen Thailand und Kambodscha, welche letztendlich in den blutigen Auseinandersetzungen zwischen 2008 und 2011 mündeten.
Aktuelle Grenzstreitigkeiten seit 2008
Ausgehend von dem Versuch Kambodschas den Tempel als UNESCO Weltkulturerbe registrieren zu lassen, widersprach die thailändische Regierung, dass der Tempel auf thailändischem Gebiet stehe und daher Thailand diesen Antrag einreichen müsste[4]. Aufgrund politischer Streitigkeiten schloss Kambodscha zunächst die Grenze zu Thailand, bevor thailändische Militärs ihre Truppen in der Region verstärkten. Darauf folgten blutige Auseinandersetzungen in der Region, welche bis in das Jahr 2011 andauerten und Todesopfer auf beiden Seiten forderten[5]. Am 28.04.2011 reichte Kambodscha beim Internationalen Gerichtshof eine Anfrage auf Klärung der Grenzstreitigkeiten ein. Das Gericht führte in seinem Gutachten aus dem Jahr 2013[6] aus, dass nach allgemeingültiger Regelung zwischen den beiden Staaten der Prasat Preah Vihear Tempel seit 1962 zum kambodschanischen Staatsgebiet gehöre und dass Thailand alle Truppen aus dem Gebiet abziehen müsse. Seit diesem Urteil ist es ruhiger um die Territorialstreitigkeiten der beiden Länder geworden.
Falls zukünftig ältere Urteile nicht mehr anerkannt werden würden, könnten diese Grenzstreitigkeiten allerdings wieder an Relevanz gewinnen. Dann könnte die Lage sich erneut zuspitzen und eskalieren und die Grenze zwischen den beiden Ländern wieder geschlossen werden. Dies ist zurzeit allerdings nicht abzusehen.
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Über den Autor:
Brian Techert
CONIAS Risk Intelligence
Michael Bauer International GmbH
Quellenangaben:
[1] Bangkok Post, A fine line, 22.08.2008
[2] Prasat Phra Viharn – Case study of political history – Nationalism, 27.08.2008
[3] Case Concerning the Temple of Preah Vihear (Cambodia v. Thailand), Merits, 03.06.2013
[4] "Thailand, Cambodia and UNESCO meet over Preah Vihear". The Southeast Asian Archaeology Newsblog, 25.04.2008
[5] Thai–Cambodian conflict rooted in history in East Asia Forum, 27.01.2012
[6] REQUEST FOR INTERPRETATION OF THE JUDGMENT OF 15 JUNE 1962 IN THE CASE CONCERNING THE TEMPLE OF PREAH VIHEAR (CAMBODIA v. THAILAND), Internationaler Gerichtshof, 11.11.2013