Der Frozen Conflict zwischen Russland, Georgien und Südossetien
Russland ist für die - wenn nötig - gewaltsame Verteidigung seiner geopolitischen Interessen bekannt. Ein bewährtes Mittel zur Erreichung dieses Ziels ist der anachronistische Imperialismus, dessen sich Russland immer wieder bedient. Neben dem immer noch andauernden Krieg in der Ukraine ist der Kaukasuskrieg (auch als Augustkrieg oder Georgienkrieg bezeichnet) ein weiteres Beispiel aus jüngster Geschichte.
Streitobjekt ist die Region Südossetien, welche unmittelbar südlich des Kamms des Großen Kaukasus liegt. Südossetien gilt völkerrechtlich als Teil Georgiens, ist de facto jedoch unabhängig. Der Konflikt zwischen Georgien, Südossetien und Russland gilt als Frozen Conflict. Ein solcher zeichnet sich dadurch aus, dass Kampfhandlungen - meist über Territorium - zwar beendet worden sind, etwaige Abkommen über einen Waffenstillstand jedoch nicht ausreichend befriedigend für alle Parteien sind. Eine solche Situation gilt als unsicher und instabil, und kann schnell wieder eskalieren.
Ein Blick zurück
Die Auseinandersetzungen zwischen Georgien und Südossetien reichen bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts zurück. Während Georgien die Eingliederung Südossetiens anstrebte, forderte Südossetien die Unabhängigkeit. Als sich Georgien im Jahr 1918 vom Russischen Reich lossagte, kam es im Zuge der Oktoberrevolution zum gewaltsamen Versuch, Südossetien von Georgien zu trennen. Südossetische Separatisten verbündeten sich mit den Bolschewisten und griffen die örtliche georgische Verwaltung, sowie jeden, der sich ihnen in den Weg stellte, an.[1] Die georgische Armee schlug den Aufstand schließlich nieder, wobei um die 5.000 Osseten ihr Leben lassen mussten; viele davon infolge von Hunger und Krankheit.
Weg in den Krieg
Der Kaukasuskrieg begann am 7. August 2008 und endete am 16. August 2008. Bereits im Juli 2008 kam es zu offenen Kampfhandlungen zwischen Soldaten der georgischen Armee und südossetischen Milizverbänden. Der Konflikt eskalierte schließlich, als georgische Truppen in der Nacht zum 8. August eine Offensive zur Rückgewinnung der Kontrolle über die umkämpften Regionen starteten. Diese Offensive gilt als Auslöser des Krieges. Russische Truppen intervenierten und drängten die georgische Armee bis ins georgische Kernland zurück. Die georgische Regierung kapitulierte und gab am 10. August 2008 bekannt, seine Truppen aus Südossetien zurückgezogen zu haben.[2] Am 26. August 2008 erfolgte die Anerkennung Abchasiens und Südossetiens als unabhängige Staaten durch die russische Regierung.[3]
Dass Russland bereits seit Jahren an den abgespaltenen Regionen interessiert ist, zeigte sich durch die Vergabe von russischen Staatsbürgerschaften an Bewohner Abchasiens und Südossetiens. Dadurch fühlte sich Moskau im Falle einer Invasion berechtigt einzugreifen, um seine Staatsbürger zu schützen.
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Über den Autor:
Lars Klöffer
CONIAS Risk Intelligence
Michael Bauer International GmbH
Quellenangaben:
[1] Heinz Fähnrich: Geschichte Georgiens. 1. Auflage. BRILL, Leiden 2010, ISBN 978-90-04-18450-3, S. 456.
[2] https://www.focus.de/politik/ausland/kaukasus/georgische-armee-weicht-zurueck-suedossetien_id_2112963.html
[3] https://web.archive.org/web/20081010201134/http://kremlin.ru/eng/speeches/2008/08/26/1543_type82912_205752.shtml
Bildquelle: Don-kun, Bourrichon, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons