Im einem jüngst erschienenen Beitrag für das US-amerikanische Foreign Policy Magazin hat die Autorin Elisabeth Braw die Frage aufgeworfen, welche politische Risiken Produzenten heutzutage in ihre Strategien mit einrechnen müssen. Denn nicht nur einmal hat sich gezeigt, dass eine Globalisierung der Lieferkette zwar wirtschaftlich Sinn macht, aber auch maßgeblich zur Anfälligkeit und Verwundbarkeit beitragen kann. Wie können Sie dem „Manufacturer’s Dilemma” entkommen?
Politische Instabilität stellt eine Bedrohung für den unternehmerischen Erfolg dar.
Einer Umfrage des American Productivity & Quality Center (APQC) zufolge, arbeiten zwei Drittel der befragten Unternehmer mit Zulieferern in von politischem Konflikt gezeichneten Gebieten zusammen. Dort, wo politische Instabilität herrscht, drohen Unternehmen auch regulatorische Risiken, von Protektionismus und Korruption ganz zu schweigen. Die Unsicherheit, die mit politischer Gewalt von Anschlägen und Entführungen bis hin zu Revolution, Regimewechsel und Krieg einhergeht, ist nicht nur vor Ort spürbar – sie kann gerade in einer Single-Source-Supplier-Konstellation auch die Funktionsfähigkeit der globalen Lieferkette bedrohen. Leiden kann Produktion, Qualität, aber auch die Beziehung zu Handelspartnern und Kunden. Eine Strategie, diese Risiken zu reduzieren oder Alternativen zu entwickeln, muss her!
Die Liste der (Negativ-)Beispiele ist lang:
- Im mexikanischen Bundesstaat Guerrero beeinträchtigen soziale Spannungen, politische Unruhen sowie anhaltende Gewalt zwischen rivalisierenden Drogenkartellen einerseits und staatlichen Stellen andererseits die Sicherheitslage derart stark, dass sowohl der Coca Cola Abfüller FEMSA als auch Grupo Gepp, die für Pepsi arbeiten, ihre Arbeit vor Ort im Frühsommer 2018 einstellen mussten.
- Seit 2017 haben in Peru, Kenia, Papua Neu Guinea und Mozambique auch große Energiekonzerne wie ExxonMobil, Chevron und Anadarko wiederholt Bohrungen und Liefertransporte eingestellt. Die Ursache: lokale Spannungen und politische Gewalt gegen das eigene Personal.
- Die anhaltende Krise in Venezuela trifft nicht nur die einheimische Wirtschaft. Der Hygieneartikelhersteller Kimberly-Clark und Auto-Gigant General Motors zogen sich 2016 und 2017 aus dem Land zurück – auch weil immer wieder Enteignung und Konfiszierungen drohten.
- Im Juni 2017 sorgte auch das dänische Industrie-Konglomerat und größte Schifffahrtsunternehmen der Welt, Maersk, für Schlagzeilen. Mehrere hundert Millionen US-Dollar kostete die mutmaßlich von russischen Geheimdienstlern gegen die Ukraine entwickelte Schadsoftware NotPetya und der von ihr ausgelöste massive Angriff auf die Unternehmens-IT.
Im Fadenkreuz: Mitarbeiter und Produktionsstätten
Je feingliedriger und internationaler die Lieferkette, desto genauer sollte auch Ihr Monitoring sein, wenn Sie unangenehme und kostspielige Überraschungen vermeiden wollen – auch viele deutsche Unternehmen trafen die rasch eskalierenden Krisen in Nordafrika 2011 und der Ukraine seit 2014 vollkommen unvorbereitet. Auch heute wird im Schnitt dreimal in der Woche eine Lieferkette Ziel von terroristischer Gewalt, vom Risiko durch organisierte Kriminalität ganz zu schweigen. Kolumbien, die Philippinen, Indien, Bangladesch und die Türkei - mehr als 50 Staaten auf der ganzen Welt waren in den letzten zehn Jahren von solchen Angriffen betroffen. Der wirtschaftliche Schaden terroristischer Gewalt belief sich 2017 auf 52 Milliarden US-Dollar und um die 1,5 Milliarden US-Dollar Lösegeld werden im Jahr von Arbeitgebern und Angehörigen Entführter erpresst – vor allem in Krisengebieten.
Rückkehr ins Schneckenhaus?
Sieben von zehn Unternehmern haben aufgrund politischer Risiken schon einmal auf Investitionen verzichtet. Doch prinzipiell auf eine stark internationalisierte Lieferkette verzichten ist für viele Unternehmen auf Dauer nicht wirklich rentabel. Schließlich bieten sich, über die Verfügbarkeit günstiger Arbeitskraft hinaus, viele wirtschaftliche Chancen in Schwellenländern, deren politische Entwicklung durch den internationalen Austausch auch positiv stimuliert werden kann. Zugleich zeigen Phänomene wie die Proteste der Gelbwesten in Frankreich oder Terroranschläge in Westeuropa, dass es heutzutage kaum möglich ist, einen politisch immunen Standort zu finden.
Stellen Sie Ihre Lieferkette mit CONIAS auf den politischen Prüfstand
In Zeiten von Twitter-Politik und permanenter Nachrichtenbeschallung ist es auch nicht immer einfach, markige Reden und Drohungen von denjenigen politischen Krisen zu unterscheiden, die signifikante Folgen für Produktion und Lieferkette haben. Ein Nebeneffekt der aktuellen US-Außenpolitik ist auch außerhalb sozialer Medien spürbar: Allein im ersten Halbjahr 2018 sanken deutsche Exporte in den Iran um rund vier Prozent.
Um eine reibungslose Fertigung zu garantieren, aber auch aufgrund von Gesetzesinitiativen wie der Dodd Frank Act oder der Verordnung (EU) 2017/821 zur Sorgfaltspflicht in der Lieferkette, wird es immer wichtiger, Komponenten- und Teilelieferanten der ersten und zweiten Ebene ein gleiches Maß an viel Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Ein Produktionsausfall an einem Punkt der Lieferkette ist oft im ganzen System zu spüren – doch bei großen Unternehmen kann ein Lieferantennetzwerk oft schnell einige tausend Standorte umfassen.
Von der Einzelstandortprüfung bis zum Abklopfen Ihrer gesamten Lieferkette – CONIAS informiert Sie früh- und rechtzeitig über politische Risiken und Spannungen vor Ort: und zwar weltweit! Lernen Sie geopolitische Schwachstellen in Ihrer Lieferkette und den spezifischen Konfliktkontext kennen – und entwickeln Sie flexible Anpassungsstrategien.